Canines Wobbler-Syndrom

Hinten „latschen“, vorne „tippeln“

Erkrankungen des Bewegungsapparates beim Junghund, Teil 6

Der Name mag auf den ersten Blick lustig klingen, das Erkrankungsgeschehen beim sogenannten „Wobbler-Syndrom“ ist es allerdings absolut nicht. Immerhin handelt es sich um eine klinisch erkennbare Koordinationsstörung aufgrund einer Beschädigung des Rückenmarks. Die Erkrankung wird auch als zervikale Spondylomyelopathie, kurz ZSM, oder zervikale Spondylolisthesis oder auch als spinale Ataxie bezeichnet, was aus medinischer Sicht korrekter klingt und zumindest einen Hinweis auf den Ort des Erkrankungsgeschehens gibt.


Wodurch kann ein Canines Wobbler-Syndrom entstehen?

Ursache der Erkrankung ist eine Instabilität der Halswirbelsäule, die oft durch eine Fehlbildung der Wirbel oder des Bandapparates, der eigentlich die Wirbel gegeneinander stabilisieren soll, verursacht wird. Dadurch können sich die Wirbel gegeneinander verschieben und durch eine Einengung des Wirbelkanals das Rückenmark schädigen. Die Erkrankung kann allerdings auch genetisch bedingt sein, aufgrund eines Bandscheibenvorfalls oder durch eine Entzündung in später betroffenen Bereich der Halswirbelsäule entstehen. In diesen Fällen wird von einer dynamischen Kompression gesprochen.

Es gibt allerdings auch die Möglichkeit einer statischen Kompression. Dieser liegt eine anatomisch bedingte Fehlbildung im Bereich der Halswirbelsäule zugrunde.

Unabhängig von der Ursache komme es durch die Kompression im Bereich der unteren Halswirbelsäule zur Schädigung des Rückenmarks und der Rückenmarksnerven.


Welche Hunde sind besonders häufig betroffen?

Es sind in der Regel die Tiere großwüchsige Hunde, die am Caninen Wobbler-Syndrom erkranken. Am häufigsten tritt die Erkrankung bei Tieren der Rassen Dobermann und Deutsche Dogge auf. Allerdings können auch Tiere der Rassen Dalmatiner, Rhodesian Ridgeback, Barsoi und andere erkranken. Natürlich können auch Mischlingshunde betroffen sein. In der Mehrzahl der Fälle sind Rüden betroffen. Die Erkrankung kann ab einem Alter von 6 Monaten auftreten, aber auch im fortgeschritteneren Erwachsenenalter bis zu 8 Jahren.


Welche Symptome hat das Canine Wobbler-Syndrom?

Durch die Schädigung des Rückenmarks entwickelt sich bei den betroffenen Hunden ein neurologisch auffälliges Gangbild. Anfänglich zeigt sich dieses an den Bewegungen der Hintergliedmaßen. Bei Fortschreiten der Erkrankung können dann auch die Vordergliedmaße betroffen sein. In der Anfangsphase der Erkrankung wackeln die Hunde beim Laufen auf einen typische Art. Daher auch die Bezeichnung Wobbler-Syndrom: engl. „to wobble“ schwanken, wackeln. Zudem stehen sie oft breitbeinig, da sie versuchen, ihr Gleichgewicht zu halten. Später zeigen sich zunehmend Schwierigkeiten bei der Koordination des Ganges sowie beim Aufstehen. Im extremsten Fall kann es zur vollständigen Lähmung der Gliedmaße kommen.

Symptome der frühen Erkrankungsphase im Überblick:

  • starke Schmerzen im Halsbereich
  • Tieftragen des Kopfes
  • vorsichtiger Gang
  • wackeliger Bewegungsablauf
  • Koordinationsstörungen im Bereich der Hintergliedmaßen
  • breitbeiniges Stehen der Hinterläufe

Symptome im fortgeschrittenem Erkrankungsstadium:

  • Koordinationsstörungen im Bereich der Vordergliedmaßen
  • Überköten
  • Harn- und Kotinkontinenz
  • Hypermetrie der Hintergliedmaße
    (Die Bewegungen werden zu weit ausgeführt): Der Hund „latscht“ hinten.
  • Hypometrie der Vordergliedmaße
    (Die Bewegungen fallen zu kurz aus): Der Hund „trippelt“ vorne.
  • Muskelatrophie
  • Probleme beim Aufstehen
  • bis zur vollständigen Parese/Lähmung der Vorder- und Hintergliedmaßen


Veterinärmedizinische Diagnostik und Therapie

Die Erkrankung wird durch eine neurologische Untersuchung, eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel, eine Computertomographie und/oder Magnetresonanztomographie festgestellt. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Erkrankung, ihrer Ursache und dem Zustand des Tieres kann die Therapie varieren.

Ist die Erkrankung noch in der Anfangsphase und lässt sich die Ursache eindeutig darstellen, kann eine konservative Therapie mit Medikamenten und absolutem Leinenzwang versucht werden.

Bei einer ausgeprägten Symptomatik ist in vielen Fällen eine Operation notwendig. Erfolgt diese frühzeitig nach Auffallen der Symptome, sind die Erfolgsaussichten sogar recht vielversprechend. Je länger die Probleme allerdings untherapiert schon bestanden haben und je gravierender die Symptome sind, desto schwieriger ist die medizinische Prognose. Da sich Nervenschäden nur sehr langsam zurückbilden (wenn überhaupt), ist die Phase einer möglichen Rekonvaleszenz nicht vorhersagbar.


Vorbeugende Maßnahmen und begleitende therapeutische Maßnahmen

Da ein besonderes Risiko für das Entstehen des Caninen Wobbler-Syndroms die übermäßig energiereiche Fütterung junger Hunde zu sein scheint, liegt in der Ernährung des Junghundes eine wichtige „Stellschraube“ für die Gesundheit des Tieres. Besonders wenn der junge Hund zu einer der am häufigsten betroffenen Rassen gehört oder ein entsprechender Mischlingshund ist, sollte der Ernährung – wie letztlich eigentlich bei allen Welpen und Junghunden – ein besonderes Augenmerk gewidmet werden. Eine Fehlernährung begünstigt Deformationen des Skeletts und damit auch der Wirbelsäule. Zudem sollten traumatische Einflüsse am Hals des Junghundes sowie starke, ruckartige Einwirkungen etwa über das Halsband strikt vermieden werden. Das Tragen eines Brustgeschirrs wäre in diesem Fall empfehlenswert.

Therapiebegleitend können physiotherapeutische Maßnahmen durchgeführt werden. Besonders sanfte isometrische Übungen sind möglich, um der Muskelatrophie etwas entgehen setzen zu können. Aber auch das passive Bewegen der Gliedmaßen ist sinnvoll. Um die Propriozeption zu fördern, ist die Reizsetzung an den Gliedmaßen wichtig. Die kann zu einer Verbesserung der Nervenfunktionen führen.


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