Schonhaltungen beim Hund

Abwärtsspirale für den Bewegungsapparat

Schonhaltungen beim Hund können Hinweis auf unterschiedlichste Problematiken sein: auf Schmerzen, auf Unwohlsein oder auch auf Krankheiten. Verletzungen im Bereich des Bewegungsapparates und Gelenkprobleme sind häufige Ursachen. Doch natürlich können auch innere Verletzungen oder Verdauungsprobleme dazu führen, dass Hunde sich anders verhalten als gewohnt. Schonhaltungen entstehen, weil Hunde versuchen, durch das Einnehmen bestimmter Körperpositionen, Schmerzen zu minimieren oder sich zu schützen.

In diesem Beitrag soll es allerdings um solche Schonhaltungen gehen, die Muskeln, Faszien, Knochen, Sehnen und Bänder betreffen.

Schonhaltungen erkennen

Am wichtigsten ist die Beobachtung. Bewegt sich der Hund anders als sonst oder nimmt ungewohnte Positionen ein, ist Wachsamkeit angezeigt. Plötzliche Veränderungen der Körperhaltung geschehen nicht grundlos und sollten aufmerksam beobachtet werden.

Nicht immer lässt sich allerdings durch bloßes Beobachten erkennen, was die Ursache für solche Verhaltensänderung ist. Ist ein konkreter Auslöser bekannt, weil der Hund beim Spiel mit seinen vierbeinigen Kollegen beispielsweise umgeknickt ist oder im Eifer des Gefechtes von den Beinen geholt wurde, ist Schmerz im Bereich des Bewegungsapparates anzunehmen. Aber wo genau es weh tut und wie der Hund genau schont, ist dann schon etwas schwieriger zu erkennen.

Noch uneindeutiger ist es natürlich, wenn das Tier eher verminderte Aktivität oder scheinbare Müdigkeit zeigt, wenig oder keinen Appetit hat und hechelt, winselt oder knurrt. Auch dies können Symptome von Schmerzen und Schonhaltungen sein. Bei unklaren Verhaltensveränderungen dieser Art, sollte eine gründliche Diagnose durchgeführt werden. Woher kommt´s und wie bekommen wir es schnell wieder in den Griff. Denn eines ist Schonhaltungen in der Regel gemein: Sie wandern.

Ein Beispiel: Ein Hund stolpert und zerrt sich die Muskulatur am rechten Hinterlauf. Vielleicht sind auch einzelne Muskelfasern gerissen. Auf jeden Fall zeigt der Hund direkt danach und auch an den Folgetagen deutliche Schmerzsymptome und versucht, die Belastung des rechten Hinterlaufs zu meiden. Dadurch nutzt er den linken Hinterlauf intensiver und bringt mehr Last nach vorne. Das gesamte Gangbild verändert sich. Die erste Schonhaltung ist da. Wird der Hund jetzt nicht geschont, werden die überlasteten Strukturen, die nun die geänderten und nicht mehr physiologischen Bewegungsabläufe abfangen sollen, überlastet. Auch hier entstehen dann Mikroverletzungen und Gelenke werden über ein gesundes Maß hinaus strapaziert. Also muss der Körper weitere Wege suchen, um die Fortbewegung zu gewährleisten. Auf Sicht übernehmen so zahlreiche Strukturen Aufgaben, die sie nicht gewohnt und für die sie nicht gemacht sind. Es kommt zu Blockaden im Bereich von Muskulatur und Faszien und die „geschonte“ Muskulatur baut sich ab.

Aus so einer „Schonhaltungswanderung“ kommt der Organismus alleine nicht mehr heraus.

Übersicht über Signale, die Schonhaltungen anzeigen (können)

Grundsätzlich lassen sich diese Signale in drei Kategorien einteilen:
1. Veränderungen der Körperhaltung
2. Veränderungen von Bewegungsmustern
3. Verhaltensveränderungen

Veränderungen der Körperhaltung

  • Zeigt der Hund plötzlich eine veränderte Körperhaltung, versucht er mit großer Wahrscheinlichkeit auf diese Weise, Schmerz zu reduzieren. Ein aufgewölbter Rücken deutet vielfach auf Schmerzen im Bauchbereich hin.
  • gekrümmte Wirbelsäule: Eine abgerundete oder gekrümmte Wirbelsäule kann anzeigen, dass dein Hund versucht, Schmerzen im Rücken oder Bauchbereich zu minimieren.
  • Schwierigkeiten beim Liegen oder das Vermeiden der Ablage auf einem Körperteil oder einer Körperseite
  • Schwierigkeiten beim Liegen oder das Vermeiden der Ablage auf einem Körperteil oder einer Körperseite

Veränderungen von Bewegungsmustern

  • Schwierigkeiten bei bisher gewohnten Bewegungen sind ebenfalls ein Anzeichen, dem nachgegangen werden soll.
  • Vermeiden von Sprüngen (hoch oder runter): Wenn der Hund nicht ins oder aus dem Auto springen möchte oder sein normales Dehnen nach dem Aufstehen nicht mehr wie üblich ausführt, ist eine Schonhaltung als Ursache denkbar.
  • Hinken oder Humpeln: Lahmt ein Hund, ist das ein eindeutiges Zeichen für Schmerz.
  • verminderte Aktivität: Tobt der Hund sonst fröhlich, läuft aber nun eher hinterher und interessiert sich auch nicht für etwaige Artgenossen, sollte geschaut werden, was die Ursache ist.
  • steifes Gehen: Ein steifes oder verlangsamtes Gangbild kann auf Gelenkprobleme oder Schmerzen im Bewegungsapparat hinweisen.
  • Hochheben von Lauf oder Pfote: Hunde können ein Bein oder eine Pfote hochhalten, um Gewicht von einer schmerzenden Stelle zu nehmen. Dies könnte auf eine Verletzung oder ein Gelenkproblem hinweisen.
  • vorsichtiges Hinsetzen oder Aufstehen

Verhaltensveränderungen

  • Ist ein Hund normalerweise freundlich und gesellig, sollten Verhaltensweisen des Zurückziehens, oder gar aggressive Reaktionen oder knurren nicht als Laune abgetan werden.
  • Veränderte Lautäußerungen, das Hinzukommen ebensolcher oder auch das Wegfallen sollten Beachtung finden.

Therapie bei Schonhaltungen

Ist eine Ursache erkannt, gilt es den Hund nicht nur zu schonen und Schmerzen zu lindern, sondern dem Körper zusätzlich Hilfestellungen zu geben, sich wieder normal bewegen zu können. Myofasziale und craniosakrale Techniken eignen sich hervorragend, um muskuläre Blockaden und faszialen Läsionen wieder aufzulösen. So lässt sich ein normales Bewegungsmuster wieder herstellen. Zusätzlich können Kinesiotapes positive Effekte bringen. Gezielte und gleichzeitig schonende Bewegungsübungen aus dem Spektrum der passiven Mobilisierung oder der Isometrie sind ebenfalls sinnvoll, da sie gleichzeitig dazu beitragen, den Abbau der Muskulatur zu minimieren.

Ist Vorbeugung möglich?

Diese Frage lässt sich mit einem eindeutigen „Bedingt“ beantworten. Natürlich ist es wichtig, dem Hund eine angemessene Ernährung, ausreichend Bewegung sowie regelmäßige Untersuchungen zu bieten. Das trägt dazu bei, möglichen Gesundheitsprobleme vorzubeugen bzw. frühzeitig zu erkennen. Aber natürlich lassen sich akute Verletzungen dadurch nicht ausschließen. Die Auswirkungen von Erkrankungen wie HD oder ED lassen sich durch einen bewussten Umgang mit Hund bzw. einen aufmerksamen Blick auf seinen Bewegungsapparat und ein adäquates Bewegungsprogramm verzögern. Durch regelmäßige Kontrollen der Funktionen des Bewegungsapparates und der Behandlung von zwischenzeitlich entstandenen Verspannungen helfen dem Hund, möglichst lange mit Bewegungsfreude durch sein Leben zu gehen (oder zu rennen).

Schonhaltungen sind individuell

Jedes Tier hat seine gewohnten Bewegungsabläufe. Bei allen Gemeinsamkeiten bewegen sich Hunde genauso individuell wie Menschen. Daher kann es nicht verwundern, dass die Schonhaltungen eines Hundes genauso individuell sind wie seine gesunden Bewegungen. Daher die folgende dringende Bitte: Bei Anzeichen von Schmerzen oder Veränderungen in der Körperhaltung oder den Bewegungen sollte dies unbedingt abgeklärt werden. Nur so kann vermieden werden, dass die Wanderung der Schonhaltungen mit all ihren negativen Konsequenzen Fahrt aufnimmt.