Cauda-equina-Kompressionssyndrom

Auch in diesem Beitrag geht es selbstverständlich um den Hund. Auch wenn „Cauda equina“ übersetzt natürlich Pferdeschanz bedeutet, hat doch jeder Hund diese anatomische Struktur. Aber wo soll denn jetzt ein Hund einen Pferdeschwanz haben, und warum der einen Blogbeitrag wert?

Unter der „Cauda equina“ versteht der Medizinier eine anatomische Struktur innerhalb des Wirbelkanals, die von den im unteren Bereich des Rückenmarks schweifähnlich verlaufenden Spinalnervenwurzeln gebildet wird und aussieht wie der Schweif eines Pferdes. Das ist Erläuterung zum Namen.

Das sogenannte Cauda-equina-Kompressionssyndrom wiederum ist keine Erkrankung, sondern die Bezeichnung eines Krankheitsbildes, hinter dem sich verschiedene Krankheiten verbergen können, die mit der Cauda-equina in Zusammenhang stehen und mit deren Einengung zu tun haben.

Ursachen des Cauda-equina-Kompressionssyndroms

Häufigste sind die auftretenden Beschwerden auf Instabilitäten zwischen dem letzten Lendenwirbel und dem Kreuzbein zurückzuführen. Auch angeborene oder erworbene lumbosakrale Stenosen, Bänderverdickungen, Wirbelkörperentzündungen (Diskospondylitis) oder Bandscheibenvorfälle (Diskopathien) können ein solches Kompressionssyndrom auslösen. Sie alle führen zu einer Einengung des Wirbelkanals. Da der Wirbelkanal eigentlich eine Röhre ist, führt eine Einengung unweigerlich dazu, dass Druck auf die Nerven der Cauda equina ausgeübt wird, dem diese nicht ausweichen können und gequetscht werden. Das verursacht Schmerzen und neurologische Ausfälle bis hin zu Lähmungen.

Ein präziser Blick auf die Cauda equina

Im Bereich des ersten bis zweiten Lendenwirbels endet das Rückenmark Der Wirbelkanal geht allerdings noch bis zum Kreuzbein (Os sacrum) weiter. Als Cauda equina (Pferdeschwanz) werden die unterhalb des Rückenmarks austretenden Nervenwurzeln bezeichnet. Im Bereich des lumbosakralen Übergangs treten die Nerven durch seitliche Öffnungen aus der Wirbelsäule aus und ziehen dann zur Muskulatur der Hinterläufe und zur Rute. Diese Nerven versorgen Teile der Muskulatur der Hinterbeine sowie der Schwanzmuskulatur und versorgen ebenfalls die Schließmuskeln der Blase und des Enddarms. Damit regeln sie auch den Absatz von Kot und Harn.

Ursachen des Cauda-equina-Kompressionssyndroms

Aufgrund der Lage dieser Einengung wird das Cauda-equina-Kompressionsyndrom auch als degenerative Lumbosakralstenose bezeichnet (DLSS), die folgende mögliche Ursachen haben kann:

  • angeborene lumbosakrale Stenosen
  • Verdickung von Weichteilstrukturen wie den Bändern
  • einen Bandscheibenvorfall zwischen 7. Lendenwirbel und dem Sakrum
  • Knochenzubildungen (Osteophyten) der Facettengelenke
  • eine lumbosakrale Spondylose

Kommt es aufgrund einer dieser Möglichkeiten zu einer Verengung (Stenose) des Wirbelkanals, entsteht ein mechanischer Druck auf die Nervenwurzeln, was ab einer bestimmten Intensität oder Dauer zu einer Schädigung der Nervenfasern führen kann. Durch die Einengung können auch die versorgenden Blutgefäße in Mitleidenschaft gezogen werden, was die Nervenschädigung verursachen weiter ausprägt.

Symptomatiken eines Cauda-equina-Kompressionssyndroms

  • Probleme beim Aufstehen oder Hinlegen, auch mit Schmerzäußerungen
  • Hund verweigert das Treppensteigen oder das Springen ins Auto oder über Hindernisse
  • Berührungsempfindlichkeiten an der Kruppe
  • Schmerzreaktionen im Lendenbereich und beim Hochziehen der Rute
  • ungewöhnliche Schwanzhaltung wie bei einer Wasserrute
  • Beißen in den eigenen Schwanz (bedingt durch Taubheitsgefühle)
  • Schwanzwedeln bevorzugt in eine Richtung
  • Beeinträchtigung der Harn- und Kotabsetzfunktion bis hin zu unkontrolliertem Harn- und Kotabsatz
  • Lahmheiten oder schwankender Gang in den hinteren Gliedmaßen
  • Überköten (Zehenschleifen)
  • Muskelabbau im Bereich der Hintergliedmaßen
  • Lähmungen der Hintergliedmaßen und/oder der Rute

Natürlich entwickeln sich die zugrundeliegende Erkrankung nicht in einem kurzen Zeitraum, sondern vielmehr über Monate und Jahre hinweg. Daher nimmt der Besitzer oftmals den schleichenden Verschlechterungsprozess kaum wahr oder schreibt diesen fälscherweise dem fortschreitenden Alter des Tieres zu. Unabhängig davon, ob es sich um ein Cauda-equina-Kompressionssyndrom oder eine andere Erkrankung handelt, sollte keines der genannten Symptome einfach aufgrund des Alter des Tieres abgetan werden. Derartige Symptome sind in der Regel mit Schmerzen verbunden, und diese gilt es dem Hund zu nehmen und ihn einer sinnvollen Therapie zuzuführen. Je früher eine Diagnose gestellt werden kann, desto besser. Auch ist es wichtig, andere Krankheiten wie Hüfterkrankungen, Tumore des Rückenmarks, Frakturen oder weitere auszuschließen.

Prävention, Risikofaktoren und unterstützende Maßnahmen

Eine gezielte Vorbeugung zur Verhinderung des DLSS gibt es leider bisher nicht, da ihre genauen Entstehungsursachen nicht vollständig geklärt sind. Übergewicht führt jedoch zu einer zusätzlichen Belastung des Überganges zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein und sollte daher (und aus vielen weiteren Gründen) vermieden werden.

Sollte die Diagnose nach den Untersuchungen dann Cauda-equina-Syndrom lauten, kann der Patientenbesitzer selbst einiges dazu beitragen, es seinem Hund möglichst angenehm zu machen und auch die Wahrscheinlichkeit eines schnellen Fortschreitens zu minimieren. Dazu zählen folgende Maßnahmen:

  • Vermeidung von Übergewicht (ggf. mittels Ernährungsberatung)
  • Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln (wie B-Vitamine)
  • Bereitstellung eines warmen und bequemen Liegeplatzes
  • Sprünge und Treppensteigen vermeiden
  • auf rutschsichere Böden achten
  • Pfotenschutz bei Überköten
  • Tragen eines Hundemantels bei kühlen und kalten Temperaturen

Begleitende therapeutische Maßnahmen

Um die Schmerzsymptomatik sinnvoll zu behandeln, werden in der Regel vom Tierarzt die entsprechenden Medikamente verordnet. Diese sind gleichzeitig auch entzündungshemmend. Auch Glukokortikoide werden können bei Bedarf zum Einsatz kommen. Doch diese Maßnahmen obliegen der veterinärmedizinische Therapie. Viel Ruhe, wenig Bewegung über einen Zeitraum bis zu mehreren Wochen können ohne weiteres angeordnet werden. Auf diese Weise wird versucht, die Belastung des lumbosakralen Übergangs zu verhindern.

Sollte die konservative Therapie nicht erfolgversprechend sein oder die Symptomatik bereits zu ausgeprägt sein, wird durch eine chirurgischen Eingriff versucht, Abhilfe zu schaffen. Auch in diesem Fall werden postoperativ Schmerzmittel zum Einsatz kommen und ein längerer Zeitraum striken Ruhighaltens verordnet.

In beiden Fällen, also sowohl im Rahmen der konservativen Therapie als auch nach einem chirurgischen Eingriff, sind folgende zusätzliche Behandlungsoptionen sinnvoll und hilfreich:

  • craniosakrale Therapie und Faszientherapie zum Auflösen von schmerzbedingten Schonhaltungen und Fehlspannungen
  • Massagen und manuelle Behandlungstechniken mit passivem Bewegen und Dehnung der Muskulatur
  • Vibrationstherapie zur Schmerzreduzierung und Lockerung
  • Übungen zur Balance und Stabilisierung
  • Übungen zur Verbesserung der Propriozeption
  • angepasstes Bewegungstraining
  • isometrische Übungen zum Erhalt und Wiederaufbau der Muskulatur